MELCHIOR UND DIE WOKEN CHRIST*INNEN
Als die Kreuzritter nach Jerusalem kamen, staunten sie. Denn zu ihrer Verblüffung trafen sie dort (nebst Muslimen, Juden, Drusen, Jesiden und diversen Anderen) auch auf Christen. Auf arabische Christen, aber auch auf Koptischen aus Äthiopien. Und das hatte Folgen. In der europäischen Malerei wurden die Königin von Saba (siehe Bild), der heilige Mauritius, aber auch Melchior aus der Weihnachtsgeschichte neu mit dunkler Haut dargestellt.
Hätte man sich an die Bibel gehalten, hätte man Kaspar, Melchior und Balthasar sowieso komplett anders dargestellt und das beginnt bei der Krone. Im Text ist nämlich nicht von Königen die Rede, sondern von Sterndeutern. Auch Magier wäre eine valable Übersetzung und zu ihrer Herkunft wird bloss gesagt, dass sie aus dem Osten kamen. Die Protestanten bewegen sich mit ihren «Weisen aus dem Morgenland» also unstreitbar näher an der Bibel, als die Katholiken mit ihren «Heiligen drei Königen». Interessant ist, was die Neudeutung Mauritius', Melchiors und der Königin ausgelöst hat. Nichts. Keine Proteststürme frenetisierter Fundis, keine Flugblätter gegen grassierenden Wokeismus. Die Umdeutung war eine Weiterentwicklung der biblischen Bilderwelt und die war ohnehin stets in Bewegung (Jesus’ Bart etwa stammt aus dem Frühmittelalter und wird in der Bibel nirgends erwähnt). Natürlich hatte das Interesse an «Diversity» auch praktische Gründe. Es ging um Seelen, um Allianzen oder wie man es heute sagen würde: um Absatzmärkte. Aber es ging eben auch um Inklusion. Um ein "Oh, die gehören ja auch zu uns. Schön!" Jedenfalls ist unser guter Melchior seither eindeutig schwarz und die beiden anderen zumindest ambivalent (die Darstellungen variieren) und dass dem Text hier die Schlusspointe fehlt hat einen einfachen Grund. Es ist jetzt halt einfach so. Jo, he. |