1540 – Die Hitze
Die Leute schwitzten. Irgendwo im Kanton Luzern standen einige Männer mit Schaufeln in einem Bachbett. Trocken. Sie traten, hackten, schaufelten und wenn sie aufschauten, um sich den Schweiss abzuwischen, flimmerte vor ihren Augen die Luft. Anderthalb Meter gruben sie in die Tiefe – dann gaben sie auf. Kein Tropfen Wasser. Nichts.
Nördlich der Alpen hatte sich der Winter 1539/1540 noch relativ normal angefühlt. In Italien hingegen war es bereits ungewöhnlich trocken und warm. In Spanien wurden Bittprozessionen für Regen abgehalten. In der Schweiz war der März ungewohnt trocken, nur an drei Tagen schneite es. Und dann fiel bis im Dezember kaum mehr Niederschlag.
Das Jahr war ein meteorologischer Extremfall: Die Hitze staute sich über Mitteleuropa und das Hoch stabilisierte sich über Monate hinweg. Die Flüsse trockneten aus. Im «Jahrhundertsommer» 2003 führte der Rhein noch etwa die Hälfte der normalen Wassermenge. 1540 waren es 10 bis 15 Prozent. Am dramatisch verkleinerten Bodensee suchten die Leute auf dem Seeboden nach römischen Münzen. Am Rheinfall war es gespenstisch ruhig. Und sogar in Basel konnte man zu Fuss ans andere Ufer waten.
Die Hitze verstärkte sich selbst. Der Boden riss auf, mancherorts konnten die Leute in den Spalten die Füsse baumeln lassen. Und weil aus dem trockenen Grund kaum Feuchtigkeit verdunstete, stiegen die Temperaturen höher und höher. Wenigstens stellenweise kletterten sie wohl über 40 Grad. Und auch die Nächte brachten nicht die ersehnte Kühlung.
«Glühend und schrecklich» sei der Juli gewesen, notierte ein Elsässer Chronist. Rauch vernebelte die Sonne, der Geruch von Feuer lag in der Luft. Immer wieder brachen Brände aus und die Bäume, die nicht verbrannten, verloren ihre Blätter bereits im August. Die Ernte blieb mager und Hunger, Hitze und Durst brachten die Leute um den Verstand. Es kam zu Hetzjagden und Gewalt.
Besonnene zogen sich an den Schatten zurück und tranken, was sie gerade fanden. Das aber war oft schlechtes Wasser, weshalb sich die Ruhr ausbreitete. Ihre Symptome: Durchfall, Magenkrämpfe und – auch das noch – Dehydrierung. Es ist unklar, wieviel Leben der Sommer 1540 gekostet hat. Als die Temperaturen im Herbst langsam zurückgingen, lasen die Winzer verschrumpelte Trauben. Der Wein, den sie daraus kelterten, war so konzentriert, dass er noch vierhundert Jahre später getrunken werden konnte.
P.S. Nein, dieser Text kann nicht nach dem Motto 'früher war's auch schon heiss' zur Leugnung der Klimaerwärmung verwendet werden. 1540 war ein meteorologisches Worst-Case-Ereignis, bei dem viele Faktoren und Zufälle zum aussergewöhnlichen Resultat führten. Etwa so, wie wenn der FC Winterthur die Champions League gewänne: Nicht unmöglich, aber extrem unwahrscheinlich. Und 1540 wiederholte sich weder 1541, noch in irgendeinem Jahr seither. - Bei der Klimaerwärmung geht es darum, dass Messi, Ronaldo und alle anderen Superfussballer zum FC Winterthur gewechselt haben, weshalb dieser inzwischen Champions-League-Serien-Sieger ist. 22 der 23 heissesten Jahre ereigneten sich seit 1999.
Die Leute schwitzten. Irgendwo im Kanton Luzern standen einige Männer mit Schaufeln in einem Bachbett. Trocken. Sie traten, hackten, schaufelten und wenn sie aufschauten, um sich den Schweiss abzuwischen, flimmerte vor ihren Augen die Luft. Anderthalb Meter gruben sie in die Tiefe – dann gaben sie auf. Kein Tropfen Wasser. Nichts.
Nördlich der Alpen hatte sich der Winter 1539/1540 noch relativ normal angefühlt. In Italien hingegen war es bereits ungewöhnlich trocken und warm. In Spanien wurden Bittprozessionen für Regen abgehalten. In der Schweiz war der März ungewohnt trocken, nur an drei Tagen schneite es. Und dann fiel bis im Dezember kaum mehr Niederschlag.
Das Jahr war ein meteorologischer Extremfall: Die Hitze staute sich über Mitteleuropa und das Hoch stabilisierte sich über Monate hinweg. Die Flüsse trockneten aus. Im «Jahrhundertsommer» 2003 führte der Rhein noch etwa die Hälfte der normalen Wassermenge. 1540 waren es 10 bis 15 Prozent. Am dramatisch verkleinerten Bodensee suchten die Leute auf dem Seeboden nach römischen Münzen. Am Rheinfall war es gespenstisch ruhig. Und sogar in Basel konnte man zu Fuss ans andere Ufer waten.
Die Hitze verstärkte sich selbst. Der Boden riss auf, mancherorts konnten die Leute in den Spalten die Füsse baumeln lassen. Und weil aus dem trockenen Grund kaum Feuchtigkeit verdunstete, stiegen die Temperaturen höher und höher. Wenigstens stellenweise kletterten sie wohl über 40 Grad. Und auch die Nächte brachten nicht die ersehnte Kühlung.
«Glühend und schrecklich» sei der Juli gewesen, notierte ein Elsässer Chronist. Rauch vernebelte die Sonne, der Geruch von Feuer lag in der Luft. Immer wieder brachen Brände aus und die Bäume, die nicht verbrannten, verloren ihre Blätter bereits im August. Die Ernte blieb mager und Hunger, Hitze und Durst brachten die Leute um den Verstand. Es kam zu Hetzjagden und Gewalt.
Besonnene zogen sich an den Schatten zurück und tranken, was sie gerade fanden. Das aber war oft schlechtes Wasser, weshalb sich die Ruhr ausbreitete. Ihre Symptome: Durchfall, Magenkrämpfe und – auch das noch – Dehydrierung. Es ist unklar, wieviel Leben der Sommer 1540 gekostet hat. Als die Temperaturen im Herbst langsam zurückgingen, lasen die Winzer verschrumpelte Trauben. Der Wein, den sie daraus kelterten, war so konzentriert, dass er noch vierhundert Jahre später getrunken werden konnte.
P.S. Nein, dieser Text kann nicht nach dem Motto 'früher war's auch schon heiss' zur Leugnung der Klimaerwärmung verwendet werden. 1540 war ein meteorologisches Worst-Case-Ereignis, bei dem viele Faktoren und Zufälle zum aussergewöhnlichen Resultat führten. Etwa so, wie wenn der FC Winterthur die Champions League gewänne: Nicht unmöglich, aber extrem unwahrscheinlich. Und 1540 wiederholte sich weder 1541, noch in irgendeinem Jahr seither. - Bei der Klimaerwärmung geht es darum, dass Messi, Ronaldo und alle anderen Superfussballer zum FC Winterthur gewechselt haben, weshalb dieser inzwischen Champions-League-Serien-Sieger ist. 22 der 23 heissesten Jahre ereigneten sich seit 1999.