Warum Hitler die 𝔉𝔯𝔞𝔨𝔱𝔲𝔯 abschaffte (aber das ß rettete)
Das Schizophrene an den Nazis war ihr Verhältnis zur Zeit. Ideen von Vorgestern, Technik von Übermorgen: Antisemitismus & Autobahnen, Radios & Rassenwahn, Volkstümelei & V2-Raketen. (Parallelen zu AfD, Al Qaida und anderen Knallköpfen sind nicht ganz zufällig).
Die Nazis waren zugleich modern und antimodern und dieser Widerspruch zeigte sich in ihrem Verhältnis zur Schrift. Besonders: zur 𝔉𝔯𝔞𝔨𝔱𝔲𝔯. Diese hatte in Deutschland seit langem Gegner (Goethe, die Grimms) und Befürworter (Goethes Mutter, Bismarck). Anfang des 20. Jahrhunderts war sie auf dem absteigenden Ast. Dann kamen die Nazis und die pushten die Fraktur, weil sie als besonders deutsch galt. Es gab sogar Bemühungen, die Schreibmaschinen in den Ministerien auf Fraktur umzurüsten.
Wenn’s um den Vergangenheitsfetisch seiner Follower ging, musste Hitler immer wieder eingreifen. Schon 1934 warnte er vor den «Rückwärtsen», mit ihren «krausen romantischen Vorstellungen» und ihrem Fokus auf die «’theutsche Kunst’». Für Adolphus-der-sich-Adolf-schrieb passten solche Gestrigkeiten «schlecht in das Zeitalter von Stahl, Eisen, Glas und Beton».
Sieben Jahre später reichte das Reich vom Atlantik bis ans Schwarze Meer und das nicht, weil die Nazis die besseren Schreibmaschinen hatten. Im Gegenteil: Nur ein Bruchteil ihrer Untertanen konnte die 𝔉𝔯𝔞𝔨𝔱𝔲𝔯 entziffern, weshalb Hitler den alten Zopf am 3. Januar 1941 absäbelte. Auch diesen Schritt legitimierte er historisch: Die Fraktur bestehe nämlich aus «Schwabacher Judenlettern» (falsch). Schliesslich hätten die Juden früher alle Druckereien besessen (korrekt; sofern man «alle» als Synonym von «keine» verwendet). Deshalb ordnete Hitler an, künftig auf die Antiqua zu setzen.
Propagandaminister Goebbels notierte wenig später erleichtert in seinem Tagebuch: «Der Führer ordnet an, daß künftig nur noch die Antiqua als deutsche Schrift gewertet wird. Sehr gut. Dann brauchen die Kinder wenigstens keine 8 Alphabete mehr zu lernen. Und unsere Sprache kann wirklich Weltsprache werden». (Acht Alphabete: "lateinisch" & "deutsch" in Druck- & Schreibschrift - und das alles gross & klein).
Aus praktischen Gründen gingen die zuständigen Ministerien sogar noch einen Schritt weiter und beschlossen auch die Abschaffung des ß. Der Buchstabe war im Ausland unbekannt, und in Antiqua-Schriftsätzen selten vorhanden (Druckereien in Brest oder Bukarest hatten das Zeichen einfach nicht). Hier aber intervenierte Hitler. Er verordnete, das kleine ß zu behalten, bei Kapitalschrift indes SS zu schreiben.
Voilà: Hitler hat vor dem Ausland gekuscht. Und das ß ist nicht nur unnötig, sondern hochoffiziell des Teufels.
Die Nazis waren zugleich modern und antimodern und dieser Widerspruch zeigte sich in ihrem Verhältnis zur Schrift. Besonders: zur 𝔉𝔯𝔞𝔨𝔱𝔲𝔯. Diese hatte in Deutschland seit langem Gegner (Goethe, die Grimms) und Befürworter (Goethes Mutter, Bismarck). Anfang des 20. Jahrhunderts war sie auf dem absteigenden Ast. Dann kamen die Nazis und die pushten die Fraktur, weil sie als besonders deutsch galt. Es gab sogar Bemühungen, die Schreibmaschinen in den Ministerien auf Fraktur umzurüsten.
Wenn’s um den Vergangenheitsfetisch seiner Follower ging, musste Hitler immer wieder eingreifen. Schon 1934 warnte er vor den «Rückwärtsen», mit ihren «krausen romantischen Vorstellungen» und ihrem Fokus auf die «’theutsche Kunst’». Für Adolphus-der-sich-Adolf-schrieb passten solche Gestrigkeiten «schlecht in das Zeitalter von Stahl, Eisen, Glas und Beton».
Sieben Jahre später reichte das Reich vom Atlantik bis ans Schwarze Meer und das nicht, weil die Nazis die besseren Schreibmaschinen hatten. Im Gegenteil: Nur ein Bruchteil ihrer Untertanen konnte die 𝔉𝔯𝔞𝔨𝔱𝔲𝔯 entziffern, weshalb Hitler den alten Zopf am 3. Januar 1941 absäbelte. Auch diesen Schritt legitimierte er historisch: Die Fraktur bestehe nämlich aus «Schwabacher Judenlettern» (falsch). Schliesslich hätten die Juden früher alle Druckereien besessen (korrekt; sofern man «alle» als Synonym von «keine» verwendet). Deshalb ordnete Hitler an, künftig auf die Antiqua zu setzen.
Propagandaminister Goebbels notierte wenig später erleichtert in seinem Tagebuch: «Der Führer ordnet an, daß künftig nur noch die Antiqua als deutsche Schrift gewertet wird. Sehr gut. Dann brauchen die Kinder wenigstens keine 8 Alphabete mehr zu lernen. Und unsere Sprache kann wirklich Weltsprache werden». (Acht Alphabete: "lateinisch" & "deutsch" in Druck- & Schreibschrift - und das alles gross & klein).
Aus praktischen Gründen gingen die zuständigen Ministerien sogar noch einen Schritt weiter und beschlossen auch die Abschaffung des ß. Der Buchstabe war im Ausland unbekannt, und in Antiqua-Schriftsätzen selten vorhanden (Druckereien in Brest oder Bukarest hatten das Zeichen einfach nicht). Hier aber intervenierte Hitler. Er verordnete, das kleine ß zu behalten, bei Kapitalschrift indes SS zu schreiben.
Voilà: Hitler hat vor dem Ausland gekuscht. Und das ß ist nicht nur unnötig, sondern hochoffiziell des Teufels.