
BESTEUERT FAHRRÄDER!
«Schmarotzer u Anarchischte!». Fahrradfahrer haben ein Image-Problem. Notorische Strassen-Rowdies sollen sie sein. Sie stören den Verkehr und fordern trotzdem immer mehr Extrawürste. Würste, für die sie selbstverständlich nichts bezahlen wollen. Auf die Verkehrsregeln pfeifen sie, sind aber schnell empört wenn mal eine Autofahrerin vergisst zu blinken.
«Bittibätti-Politik». Die Velo-Verbände tun einiges, um genau dieses Image aufrecht zu erhalten. Seit Jahren verlangen sie hier einen Velostreifen, da eine Sonderregel, dort neue Abstellplätze. Ihre Politik ist auf Almosen bedacht. Und darauf, dass sich mutige Politiker und Politikerinnen für die umweltfreundliche und gesunde Sache einsetzen. Damit glauben die Velofahrer als vermutlich Letzte im Land an das Gute in der Politik. Politiker aber lieben keine Visionen sondern Geld. Am liebsten Kässeli. Und am allerliebsten Kässeli, die sich jedes Jahr neu füllen.
«Wär zaut, befiut!». Genau das haben die Autofahrer erkannt. 1923 begann man mit den Einnahmen aus den Benzinsteuern Strassen zu finanzieren. Seither hält sich in der Schweiz das Gerücht, die Automobilisten hätten die 14 Fantastillionen Strassenkilometer hierzulande selbst bezahlt. Was nicht stimmt. Es waren die Steuerzahler (und ein kleinbisschen die Autos, okay). Aber das interessiert keinen. Das Entscheidende ist, dass man es beim Auto verstanden hat, eine Kasse zu schafen die jedes Jahr Millionen aussprudelt.
«Aues mues me säuber mache!». Wer die Velos wirklich fördern will, muss sich deshalb für ihre Besteuerung einsetzen. Bei 50 Franken pro Velo kämen 180 Millionen zusammen. Jährlich. Vielleicht würden ein paar Leute kurz mal aufs Radeln verzichten. Und dann wieder anfangen. Weil 50 Franken sind nichts. Tramtechnisch sind das 10x Kurzstrecke-retour mit Halbtax. Der Effekt aber wäre gewaltig. Die Radfahrer würden endlich etwas beitragen und nicht mehr nur fordern. Und: es gäbe jedes Jahr etwas zu verteilen.
«Gäng sövu.». 180 Millionen sind nicht viel. Aber immerhin. In Bern wurde jahrelang über eine Velobrücke gestritten, die 14 Millionen gekostet hätte. Sie wird seit Jahren vertagt. Die Stadt Zürich hat sich einen polemisch diskutierten Masterplan Velo gegeben, bei dem jährlich läppische 5 Millionen in die Veloinfrastruktur investiert werden sollen. Natürlich reichen Velosteuern nicht für alle Projekte. Aber wer etwas beiträgt, hat eine bessere Position. Ausserdem hat sich das Prinzip bewährt. 1979 schenkte die damals neue Pro Velo Basel ihrer Stadt 60 Spiegel für die besonders gefährlichen Ecken. Die Behörden hängten sie auf – und bezahlen seither alle weiteren aus Steuergeldern.
«Was nüüt choscht, isch ou nüüt wärt!». Vor dreissig Jahren gab es noch grosse Velodemos. Heute sind die Radlerinnen und Radler unpolitisch und bequem. Sie nehmen, was sie bekommen, stören sich nicht an den Mängeln und haben keine Ahnung, wie wirklich gute Velo-Infrastruktur aussehen und was sie bewirken könnte. Das ändert sich, wenn das Velofahren etwas kostet. Den Satz «und für diese fehlgeplante Holperpiste bezahle ich meine Velosteuern?» hört man bis jetzt nicht. Bis jetzt. Denn wer bezahlt, kommt auf Ideen, was er dafür haben könnte. Zum Beispiel Wege die sicher genug sind, dass man den Helm daheim lässt. Ampeln die wirklich auf Velos reagieren. Oder Verkehrsregeln die so smart sind, dass man sich dran hält.
«Käthi, none Stange!». Die bisherige Velo-Politik ist zu grün, zu moralisch und zu verkopft. Der Stimmbürger aber ist ein Bauchmensch. Er hat ein sensibles Gerechtigkeitsempfinden und eine enge Beziehung zu seinem Portemonnaie. Wenn eine Gruppe für ihr Spezialanliegen Geld von allen fordert, ohne selbst etwas zu leisten, blockt er ab. Verständlicherweise.
«Dasch jetz no de bescht!». Die Pro Velo flirtet mit einer Volksinitiative. Ziel: die Verankerung der Veloförderung in der Verfassung. Chancen: Null. Das ganze würde als linksgrünes Sonderinteresse abgestempelt und an der Urne verworfen. Aber wer würde den Radfahrern im Weg stehen, wenn sie Verantwortung übernehmen und für ihre Kosten selbst aufkommen wollen? Eben.
ADDENDUM: Dieser Artikel erschien 2014 in einer Schweizer Zeitschrift. Der Bundesrat arbeitete einen Gegenvorschlag zur erwähnten Veloinitiative aus und kombinierte diesen mit der Förderung der Wanderwege. Die Stimmenden sagten Ja. Das brachte die heutigen (2024) Diskussionen um eine Velosteuer ins Rollen. Ob demnächst auch eine Wandersteuer erhoben wird ... on verra!
«Bittibätti-Politik». Die Velo-Verbände tun einiges, um genau dieses Image aufrecht zu erhalten. Seit Jahren verlangen sie hier einen Velostreifen, da eine Sonderregel, dort neue Abstellplätze. Ihre Politik ist auf Almosen bedacht. Und darauf, dass sich mutige Politiker und Politikerinnen für die umweltfreundliche und gesunde Sache einsetzen. Damit glauben die Velofahrer als vermutlich Letzte im Land an das Gute in der Politik. Politiker aber lieben keine Visionen sondern Geld. Am liebsten Kässeli. Und am allerliebsten Kässeli, die sich jedes Jahr neu füllen.
«Wär zaut, befiut!». Genau das haben die Autofahrer erkannt. 1923 begann man mit den Einnahmen aus den Benzinsteuern Strassen zu finanzieren. Seither hält sich in der Schweiz das Gerücht, die Automobilisten hätten die 14 Fantastillionen Strassenkilometer hierzulande selbst bezahlt. Was nicht stimmt. Es waren die Steuerzahler (und ein kleinbisschen die Autos, okay). Aber das interessiert keinen. Das Entscheidende ist, dass man es beim Auto verstanden hat, eine Kasse zu schafen die jedes Jahr Millionen aussprudelt.
«Aues mues me säuber mache!». Wer die Velos wirklich fördern will, muss sich deshalb für ihre Besteuerung einsetzen. Bei 50 Franken pro Velo kämen 180 Millionen zusammen. Jährlich. Vielleicht würden ein paar Leute kurz mal aufs Radeln verzichten. Und dann wieder anfangen. Weil 50 Franken sind nichts. Tramtechnisch sind das 10x Kurzstrecke-retour mit Halbtax. Der Effekt aber wäre gewaltig. Die Radfahrer würden endlich etwas beitragen und nicht mehr nur fordern. Und: es gäbe jedes Jahr etwas zu verteilen.
«Gäng sövu.». 180 Millionen sind nicht viel. Aber immerhin. In Bern wurde jahrelang über eine Velobrücke gestritten, die 14 Millionen gekostet hätte. Sie wird seit Jahren vertagt. Die Stadt Zürich hat sich einen polemisch diskutierten Masterplan Velo gegeben, bei dem jährlich läppische 5 Millionen in die Veloinfrastruktur investiert werden sollen. Natürlich reichen Velosteuern nicht für alle Projekte. Aber wer etwas beiträgt, hat eine bessere Position. Ausserdem hat sich das Prinzip bewährt. 1979 schenkte die damals neue Pro Velo Basel ihrer Stadt 60 Spiegel für die besonders gefährlichen Ecken. Die Behörden hängten sie auf – und bezahlen seither alle weiteren aus Steuergeldern.
«Was nüüt choscht, isch ou nüüt wärt!». Vor dreissig Jahren gab es noch grosse Velodemos. Heute sind die Radlerinnen und Radler unpolitisch und bequem. Sie nehmen, was sie bekommen, stören sich nicht an den Mängeln und haben keine Ahnung, wie wirklich gute Velo-Infrastruktur aussehen und was sie bewirken könnte. Das ändert sich, wenn das Velofahren etwas kostet. Den Satz «und für diese fehlgeplante Holperpiste bezahle ich meine Velosteuern?» hört man bis jetzt nicht. Bis jetzt. Denn wer bezahlt, kommt auf Ideen, was er dafür haben könnte. Zum Beispiel Wege die sicher genug sind, dass man den Helm daheim lässt. Ampeln die wirklich auf Velos reagieren. Oder Verkehrsregeln die so smart sind, dass man sich dran hält.
«Käthi, none Stange!». Die bisherige Velo-Politik ist zu grün, zu moralisch und zu verkopft. Der Stimmbürger aber ist ein Bauchmensch. Er hat ein sensibles Gerechtigkeitsempfinden und eine enge Beziehung zu seinem Portemonnaie. Wenn eine Gruppe für ihr Spezialanliegen Geld von allen fordert, ohne selbst etwas zu leisten, blockt er ab. Verständlicherweise.
«Dasch jetz no de bescht!». Die Pro Velo flirtet mit einer Volksinitiative. Ziel: die Verankerung der Veloförderung in der Verfassung. Chancen: Null. Das ganze würde als linksgrünes Sonderinteresse abgestempelt und an der Urne verworfen. Aber wer würde den Radfahrern im Weg stehen, wenn sie Verantwortung übernehmen und für ihre Kosten selbst aufkommen wollen? Eben.
ADDENDUM: Dieser Artikel erschien 2014 in einer Schweizer Zeitschrift. Der Bundesrat arbeitete einen Gegenvorschlag zur erwähnten Veloinitiative aus und kombinierte diesen mit der Förderung der Wanderwege. Die Stimmenden sagten Ja. Das brachte die heutigen (2024) Diskussionen um eine Velosteuer ins Rollen. Ob demnächst auch eine Wandersteuer erhoben wird ... on verra!