CLONAKILTY
Und dann gibt’s eben auch Tage wie diesen hier. Wo du die Augen aufschlägst und feststellst, dass du in Clonakilty bist, einem Ort wo du nur hingegangen bist, weil dir die Melodie des Namens so gefallen hat. Tags zuvor hast du dich mit dem Strand und der Sonne und dem Pub mit dem Torffeuer und der Livemusik vertraut gemacht, jetzt schlurfst du zum Frühstück und stellst fest, dass Black Pudding nichts mit Schokolade zu tun hat, sondern mit Blutwurst. Zum Frühstück. Warum bist du da selbst noch nie drauf gekommen? Am Nachmittag willst du weiter nach Baltimore (nicht wegen des Namens, aber der Reiseführer hat den Ort als rusty old seadog bezeichnet, sowas sollte man sich doch ansehen). Du putzt dir gerade die Zähne, als das Zimmertelefon klingelt. Hey, hier ist Bill von der Rezeption, du wollstest doch westwärts – willst du mitgenommen werden? Zehn Minuten später sitzt du im Auto von Eamon, auf dem Fussboden liegt Stroh, am Armaturenbrett sind getrocknete Blumen angebracht und der Bauer erzählt dir von der Landwirtschaftspolitik, seinen Lieblingsbüchern und dem grossen kosmischen Ganzen. Er nimmt dich mit bis Skibbereen und meint, du solltest dir Lough Hyne anschauen, das liegt einigermassen am Weg. Warum auch nicht, denkst du dir, schulterst deinen riesigen Rucksack und läufst los. Ein bisschen nervst du dich darüber, dass du als guter Schweizer nicht nur Kleider, Taschenmesser und Lebensmittel eingepackt hast, sondern auch noch eine komplette Skiausrüstung, ein Feuerwehrauto und einen Anker, weil man weiss ja nie. Der See entpuppt sich als ziemlich hübsch und recht speziell, weil er von Bächen gespeist und vom Meer geflutet wird und darum als mi-salé etikettiert würde, sollte er sich eines Tages plötzlich in einen Greyerzer verwandeln. Du ziehst weiter westwärts, nimmst statt des kurzen den langen Weg und der katapultiert dich unverhofft auf eine Klippe und gibt einen fantastischen Meerblick frei. Die Sonne scheint und die paar Wolken treiben bloss vorbei um Abwechslung zu schaffen. Irgendwann wird der Rucksack nun wirklich recht schwer und der Weg wirklich noch recht weit und genau jetzt überholt dich erstmals seit Stunden wieder ein Auto. Du willst es passieren lassen, da hält es an und eine alte Frau fragt, ob du zufällig mitgenommen werden möchtest. Also steigst du ein und unterhältst dich die nächsten zehn Minuten mit einer italienischen Architektin, die aufgehört hat Häuser zu bauen und jetzt stattdessen Brot macht. Dann bist du in Baltimore, wo dir ein paar weitere kleine Absonderlichkeiten passieren und denkst dir abends beim Glas Rotwein an der Bar, dass das Leben insgesamt eigentlich recht okay ist.