1871 – Bourbakis Flucht
Die Szenerie war gespenstisch. Das Vallée de Joux war tief verschneit, die Sicht trüb und die Gesichter ausgemergelt und blass. Zu Hunderten, Tausenden standen sie an der Schweizer Grenze, bewaffnet, und verlangten Einlass.
Der Deutsch-Französische Krieg im Winter 1870/1871 war grässlich, und noch grässlicher war der Winter selbst. Die Armée de l’Est sollte die deutschen Truppen angreifen, die Belfort belagerten, wurde jedoch ihrerseits zurückgeschlagen, zog sich nach Süden zurück und wurde bei Pontarlier eingekesselt. Bourbakis Truppen fehlte es an Essen und Kleidung und der General selbst versuchte am 26. Januar, sich das Leben zu nehmen. Der daraufhin ernannte General Clinchant führte die verbliebenen Männer unter grossen Verlusten in Richtung Schweizer Grenze und bat am 28. Januar um militärisches Asyl. Der Schweizer General Hans Herzog unterschrieb in der folgenden Nacht den Vertrag von Les Verrières. Daraufhin überquerten 87 000 entkräftete Gespenster mit 12 000 Pferden die Schweizer Grenze.
Die Schweizer Bevölkerung reagierte ausgesprochen hilfsbereit. Vielerorts wurde spontane Hilfe geleistet und das IKRK kam zu seinem ersten Grosseinsatz. Aber damit allein war es nicht getan. Über Nacht war die Bevölkerung um 3 Prozent gewachsen. Die Soldaten wurden über alle Kantone (ausser das Tessin) verteilt, interniert, bewacht und gepflegt. Der Aufwand dafür war riesig und trotz medizinischer Versorgung starben in den nächsten Wochen 1700 Soldaten an Entkräftung, Wunden und Krankheiten.
Der Deutsch-Französische Krieg endete bereits im Februar, Frankreich verlor das Elsass und Lothringen. Schon im März wurden Bourbakis Soldaten zurückgeschickt. Die Kosten für ihren Aufenthalt übernahm der französische Staat.
In Genf wurde zehn Jahre nach dem Ereignis ein 110 x 14 Meter grosses Panorama-Rundbild enthüllt, das den Übertritt der Bourbaki-Armee bei Les Verrières zeigt. Rundbilder waren ein beliebtes Medium des 19. Jahrhunderts, sind inzwischen aber grösstenteils verschwunden. Das heute in Luzern ausgestellte Bourbaki-Panorama ist deshalb gleich doppelt besonders: es ist eines der wenigen, die sich kriegskritisch geben und zugleich eines der letzten, die überhaupt noch existieren.
PS. Ich bin das Panorama vor ein paar Jahren mal besuchen gegangen - etwas das ich ausgesprochen empfehlen kann. Nur hatte die ungewohnte Seh-Erfahrung im Rundbild ohne den gewohnten Horizont einen ziemlich unerwarteten Effekt: Ich wurde seekrank.
Die Szenerie war gespenstisch. Das Vallée de Joux war tief verschneit, die Sicht trüb und die Gesichter ausgemergelt und blass. Zu Hunderten, Tausenden standen sie an der Schweizer Grenze, bewaffnet, und verlangten Einlass.
Der Deutsch-Französische Krieg im Winter 1870/1871 war grässlich, und noch grässlicher war der Winter selbst. Die Armée de l’Est sollte die deutschen Truppen angreifen, die Belfort belagerten, wurde jedoch ihrerseits zurückgeschlagen, zog sich nach Süden zurück und wurde bei Pontarlier eingekesselt. Bourbakis Truppen fehlte es an Essen und Kleidung und der General selbst versuchte am 26. Januar, sich das Leben zu nehmen. Der daraufhin ernannte General Clinchant führte die verbliebenen Männer unter grossen Verlusten in Richtung Schweizer Grenze und bat am 28. Januar um militärisches Asyl. Der Schweizer General Hans Herzog unterschrieb in der folgenden Nacht den Vertrag von Les Verrières. Daraufhin überquerten 87 000 entkräftete Gespenster mit 12 000 Pferden die Schweizer Grenze.
Die Schweizer Bevölkerung reagierte ausgesprochen hilfsbereit. Vielerorts wurde spontane Hilfe geleistet und das IKRK kam zu seinem ersten Grosseinsatz. Aber damit allein war es nicht getan. Über Nacht war die Bevölkerung um 3 Prozent gewachsen. Die Soldaten wurden über alle Kantone (ausser das Tessin) verteilt, interniert, bewacht und gepflegt. Der Aufwand dafür war riesig und trotz medizinischer Versorgung starben in den nächsten Wochen 1700 Soldaten an Entkräftung, Wunden und Krankheiten.
Der Deutsch-Französische Krieg endete bereits im Februar, Frankreich verlor das Elsass und Lothringen. Schon im März wurden Bourbakis Soldaten zurückgeschickt. Die Kosten für ihren Aufenthalt übernahm der französische Staat.
In Genf wurde zehn Jahre nach dem Ereignis ein 110 x 14 Meter grosses Panorama-Rundbild enthüllt, das den Übertritt der Bourbaki-Armee bei Les Verrières zeigt. Rundbilder waren ein beliebtes Medium des 19. Jahrhunderts, sind inzwischen aber grösstenteils verschwunden. Das heute in Luzern ausgestellte Bourbaki-Panorama ist deshalb gleich doppelt besonders: es ist eines der wenigen, die sich kriegskritisch geben und zugleich eines der letzten, die überhaupt noch existieren.
PS. Ich bin das Panorama vor ein paar Jahren mal besuchen gegangen - etwas das ich ausgesprochen empfehlen kann. Nur hatte die ungewohnte Seh-Erfahrung im Rundbild ohne den gewohnten Horizont einen ziemlich unerwarteten Effekt: Ich wurde seekrank.